„Warum pauschale Heumengen für alle Pferde keine gute Idee sind“

Ein Blick auf bedarfsgerechte Fütterung, Fairness und Stallrealität

In vielen Pferdebetrieben gehört es zur täglichen Routine: Morgens und abends gibt es eine definierte Menge Heu – und zwar für alle Pferde gleichermaßen. Unabhängig davon, ob es sich um ein 1,45 m kleines Endmaßpony oder ein 1,75 m großes Dressurpferd im täglichen Training handelt. Klingt nach praktischer Lösung? Vielleicht. Aber sinnvoll oder fair? Eher nicht.

Heu ist nicht gleich Heu – und Pferd ist nicht gleich Pferd

Heu ist das wichtigste Grundfutter für Pferde. Es liefert Ballaststoffe, hält die Verdauung gesund und beschäftigt das Tier artgerecht. Doch der tatsächliche Bedarf hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Größe und Gewicht des Pferdes
  • Rasse und Futterverwertungstyp (leicht- oder schwerfuttrig)
  • Arbeits- bzw. Trainingspensum
  • Gesundheitszustand
  • Haltung (Box, Offenstall etc.)

Ein robustes Endmaßpony mit leichter Arbeit kann mit etwa 6–8 kg Heu pro Tag gut versorgt sein, während ein großrahmiges Dressurpferd in vollem Training durchaus 10–14 kg oder mehr benötigt. Pauschale Mengen ignorieren diese Unterschiede – mit potenziell gravierenden Folgen.

Die gesundheitlichen Risiken pauschaler Fütterung

Die Konsequenzen einer „Einheitsfütterung“ sind nicht zu unterschätzen:

  • Zu viel Heu beim Pony:
    Übergewicht, Hufrehe-Risiko, Stoffwechselprobleme. Viele Ponys brauchen kontrollierte Rationen, ggf. angepasstes (strukturreiches, energiearmes) Heu.
  • Zu wenig Heu beim Sportpferd:
    Hungerstress, Magengeschwüre, Muskelabbau, Konzentrationsprobleme und schlechtes Leistungsvermögen.

Zudem ist zu wenig Raufutter oft Auslöser für Stalluntugenden wie Koppen oder Weben.

Und was ist mit dem Boxenpreis?

Ein häufig gehörter Einwand lautet: „Alle zahlen den gleichen Preis für die Box – also bekommen auch alle die gleiche Menge Heu.“
Das klingt im ersten Moment logisch, doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Auch andere Bedürfnisse werden in einem Pensionspreis nicht komplett standardisiert. Einige Pferde brauchen Zusatzfutter, Medikamente, spezielle Einstreu oder mehr Bewegung. Das wird häufig separat abgerechnet oder individuell abgesprochen – warum sollte es bei Heu anders sein?

Ein pauschaler Preis ist meist eine Mischkalkulation. Aber: Wer dauerhaft zu wenig Heu bekommt, zahlt am Ende doppelt – mit gesundheitlichen Problemen des Pferdes und zusätzlichen Tierarztkosten.

Individuelle Fütterung ist ein Qualitätsmerkmal

Ein Stall, der individuell auf die Bedürfnisse seiner Pferde eingeht – auch bei der Raufuttermenge – zeigt, dass er die Grundlagen der artgerechten Haltung ernst nimmt. Es geht dabei nicht um Luxus, sondern um die Basis für Gesundheit und Wohlbefinden.

Mögliche Lösungen:

  • Wiegen der Heurationen nach Körpergewicht (Richtwert: 1,5–2 kg Heu pro 100 kg Körpergewicht pro Tag)
  • Visuelle Kontrolle und regelmäßige Anpassung je nach Körperzustand
  • Zur Fresszeitverlängerung können die Portionen auf den Tag verteilt werden
  • Separate Abrechnung bei außergewöhnlich hohem Bedarf – mit fairer Kommunikation

Fazit

Pauschale Heumengen mögen praktisch erscheinen, sind aber weder pferdegerecht noch fair. Jedes Pferd ist individuell – und so sollte auch seine Fütterung sein. Wer seinen Stallbetrieb nachhaltig und verantwortungsvoll führen will, sollte auf individuelle Raufuttergaben setzen und diese transparent mit den Einstellern kommunizieren.